Digitale Souveränität

Die oft heraufbeschworene digitale Souveränität ist gar nicht so einfach zu erreichen, denn die Realität und die Wunschvorstellungen klaffen hier doch sehr weit auseinander. Gerade aus Sicht Europas sind wir sehr weit weg von dem, was sich so mancher denn wünscht und daran wird GAIA-X, zumindest mittelfristig, auch nichts ändern. Trotzdem ist “die” Cloud eine Chance die mehr Potential bietet als man es auf den ersten Blick denn vermuten lässt.

Um es ganz klar zu sagen, ist der Zug für Europa in Sachen Infrastruktur-Hardware, wie Server- und Storage-Systeme oder insbesondere bei Netzwerkkomponenten auf absehbare Zeit abgefahren. Es gibt einfach keine Hersteller in Europa die entsprechendes bieten, im Grunde sehen wir noch nicht mal mehr die Rücklichter, so weit ist der Zug schon weg. Daher darf man sich hier keine Hoffnung machen, dass sich dies bald ändern wird. Dazu haben sehr viele Faktoren beigetragen und es macht auch keinen Sinn den Blick in die Vergangenheit zu richten und über vertane Möglichkeiten zu lamentieren. Es ist viel wichtiger den Blick in die Zukunft zu richten und hier die Weichen zur digitalen Souveränität passend zu stellen. Analog gilt dieses Szenario auch für andere Bereiche, hervorzuheben sind hier die Betriebssysteme im Besonderen bei den Clients und auch für Serversysteme. Es gibt viel zu viele von den immer gleichen Monokulturen, die nicht nur bei der Software, sondern auch bei den Architekturen der Systeme zu finden ist. Apple hat zwar jetzt den Wechsel von Intel auf ARM angekündigt, was für sich genommen eine gute Nachricht ist, denn durch den hoffentlich entstehenden Wettbewerb wird nun Intel mehr oder weniger gezwungen wieder innovativ zu werden und sie müssen sich anstrengen, um wieder Produkte zu liefern, die ihren Preis wert sind. Profitieren tun alle davon und dazu muss man dann noch nicht mal die Architektur wechseln. Aber wie passt nun die eigene digitale Souveränität mit in das Bild von Clouds und Architekturen?

Dazu muss man sich die Frage stellen, was ist “die Cloud” eigentlich, wenn man es auf das herunterbricht, was mit dem Begriff hübsch verpackt wird? Eine Cloud ist nichts anderes als IT Dienste und Leistungen die über definierte Schnittstellen per Internet aus erreichbar sind. Auf welcher Plattform die Dienste betrieben werden oder auf welcher Softwarebasis dies geschieht ist für keinen der Anwender auch nur im geringsten Sinne von Belang. Aber genau das ist auch die große Chance der Cloud für Europa und unserer digitalen Souveränität. Es gibt freie Architekturen, wie RISC-V oder OpenPower, dazu noch ARM, für die aber eine Lizenz notwendig ist. Wobei ARM nicht wirklich ein gutes Beispiel ist, denn die aus Europa stammende Firma gehört einem japanischen Investor und steht zum Verkauf. Apple hat wohl kurz überlegt und dann abgelehnt, wenn man den Berichten glauben mag und Nvidia hat Interesse angemeldet. Sollte das so kommen, macht es die Situation für Europa bestimmt nicht besser. Aber RISC-V und OpenPower ermöglicht es, wenn auch nur zum Teil sich aus der Umklammerung zu lösen, wenn man es denn wirklich will und es Unternehmen gibt, die die diesen Architekturen Potential sehen. Was aber zweifelsohne bei der RISC-V Architektur der Fall ist, die kann für alles genutzt werden, vom kleinen Microcontroller bei IoT Komponenten oder für den Einsatz im Bereich des HPC, mit RISC-V ist das alles möglich. Der weitaus wichtigere Teil Abseits der Hardware ist Software und hier kann Europa sehr wohl mithalten, denn dazu braucht es keine lange und aufwändige Entwicklung von Hardware und vielleicht Produktionsanlagen. Wobei der Aufbau von Fertigungsanlagen eher zweitrangig ist, denn auch alle aktuellen Technologieriesen lassen bei Auftragsfertigern fertigen und liefern nur noch das Design. Trotzdem ist es auch hier wichtig, langfristig auf eigene Entwicklung zu setzen und somit zu versuchen europäische Unternehmen durch entsprechende Rahmenbedingungen zu fördern. Ein Beispiel ist Airbus, wo auch nicht immer alle gut war, aber hier hat es Europa geschafft was Eigenes auf die Beine zu stellen. Mittelfristig liegt aber der Erfolg für Europa und somit im ersten Schritt zur eigenen digitalen Souveränität in der Software, was daran liegt, dass in der Cloud alles Softwaredefined ist und darin auch die Chance begründet ist. Dass das so ist, zeigt doch der Markt nur zu gut; klassische Hersteller von Hardware kaufen sich Softwareanbieter hinzu, um ihr Portfolio an das Kommende anzupassen. Beispiele gibt es genug: F5 Networks, ein Hersteller von Load Balancern hat im ersten Schritt virtuelle Appliances seiner Systeme angeboten und trotzdem Anfang 2019 Nginx gekauft. Nginx ist eine Applikation und lässt sich sehr einfach als Container betreiben, was hier der ausschlaggebende Punkt ist. Die Cloud besteht nicht aus VM’s, sondern aus Services und Code an sich, was quasi der Technologie der Container geradezu in die Hände spielt. Es gibt aber noch mehr Beispiele, warum Container in der Verbindung mit der Cloud immer wichtiger werden. Juniper bietet ihre Firewall SRX als cSRX an, damit man diese als Container betreiben kann. Fortinet und andere Hersteller kaufen sich immer mehr Softwareanbieter hinzu, um beim Wandel in Richtung Cloud mit dabei zu sein. Man muss nicht der Erleuchtete sein, um das zu erkennen, wohin die Reise geht. Natürlich braucht es im Endeffekt irgendwo dann die Hardware, auf der alles läuft, der Schlüssel ist aber die Software und hierin steckt das Potential der Cloud für Europa. Ganz aktuell gibt es die Geschehnisse um Mozilla, es werden große Teile der Belegschaft entlassen und wichtige Projekte eingestellt. Aber verschwindet Mozilla, verschwindet auch Firefox und dann soll nur noch Googles Chrome bzw. deren Chromium Basis und Apples WebKit als Browser übrig bleiben? Auch wenn Firefox global gesehen nicht der beliebteste Browser ist, kann es aber nicht gut sein, wenn es hier in Zukunft eine weitere Monokultur gibt. Ob es für europäische Firmen Sinn macht, sich bei Mozilla zu engagieren, sollte auf jeden Fall überdacht werden, damit die sich auftuende Chance zumindest nicht unreflektiert an uns vorbeizieht. Gerade im Bereich OpenSource Software und den damit verbunden Geschäftsmodellen sowie den Möglichkeiten von Software in Verbindung mit der Cloud erlaubt uns einen großen Gewinn in Sachen digitaler Souveränität. Dazu müssen wir nur aufhören grundsätzlich auf Monokulturen zu setzen und diese für jede s und alles als Basis zu nutzen. Dabei kann jeder mithelfen und zum Beispiel OpenSource Software da Einsetzen, wo dies möglich ist und auch Sinn macht. Hier ist vor allem die europäische Industrie am Zug, insbesondere die Hersteller von Industrie 4.0 Produkten. Die Basis muss hier eine Offene sein und nicht, weil es so schön einfach ist, sich an einen der US Anbieter zu hängen.

Da man aber nicht nur die Verantwortung für die eigene digitale Souveränität auf die anderen schieben kann und selbst hier nichts tut, werden wir demnächst ein Cloud Storage zum Auslagern von Backups in unserer salutec Cloud anbieten. Die Systeme dazu basieren auf eigener Hardware mit OpenSource Software als Basis für die Plattform und stehen in Frankfurter Rechenzentren, wo sie von uns betrieben werden. Die Entscheidung dafür ist ganz bewusst für genau diese Systembasis getroffen worden und ist ein Teil unsere Strategie in Sachen digitale Souveränität. Vor allem geht es dabei aber nicht um Abschottung oder Abgrenzung, sondern darum auch mit den Clouds andere zu interagieren. Wer bei Azure oder AWS & Co. ist, hat sich ja nicht grundsätzlich eine falsche Entscheidung getroffen eher im Gegenteil, kann aber mit unserem Angebot seine Daten zusätzlich auf Systemen für den Fall der Fälle vorhalten, auf die er quasi selbst Zugriff hat, da diese beim Anbieter seines Vertrauens stehen. Analog gilt dies für das eigene On Premises Datacenter, bei dem man die Backups zusätzlich zu uns auslagern kann und so trotz Cloud, die eigene digitale Souveränität nicht aufgeben zu müssen und dabei gleichzeitig sich ganz bewusst für Europa und OpenSource zu entscheidet.